Drastische Dialoge, köstliche Mimik und Mutterwitz

Mit „Die Nacht der Nächte“ kommen „Die Gesetzbücher“ aus Mönchberg professionellem Volkstheater sehr nahe.

MÖNCHBERG. Drei Akte, zwei Pausen, ein Luststück – Regisseur Reinhold Keller hatte vor der Premiere im Pfarrheim wirklich nicht zu viel versprochen: Drei Stunden lang blieb kein Auge trocken, als die elf Akteure die „Nacht der Nächte“ und mit viel Spielwitz und Temperament die Geschichte von der Männerverleihagentur, von alten Sünden und einer drohenden Hochzeit zelebrierten. Schon am Anfang, als sich Wally Seidenspinner (Anita Keller) mit einem Exemplar der „Bunten“ auf dem Sofa räkelt und ihren Platz mit Klauen und Zähnen gegen Rosel, Mitinhaberin der Männerverleihagentur (Renate Miletnberger), verteidigt, wird klar: Wortwitz drastische Dialoge, ausgefeilet Gestik und Mimik und eine gehörige Portion Mutterwitz garantieren Volkstheater im besten Sinn – übrigens schon im 19. Jahr!

Zahlreiche „Präservativpflichten“

Die beiden Agenturchefinnen, und auch die Dritte im Bunde, Greta Espenhorn (Michaela Goihl), haben den Köcher voller Giftpfeile, spotten über Prinz Charles und bedauern ihn und Camilla wegen ihrer zahlreichen „Präservativpflichten“. Längst haben sie ihre Männer, den leidenden Pantoffelhelden Simon (Udo Seufert) und den verschmitzten Rüdiger mit dem trockenen Humor (Gebhard Motzel), als Modells mit Aufträgen eingedeckt, damit Geld reinkommt. Ohne das Topmodell, den ledigen Hartmut (Werner Becker), aber liefe viel zu wenig, schließlich ist auch Eugen (Alois Miltenberger) nicht mehr der Frischeste und kann höchstens noch bei Seniorennachmittagen eingesetzt werden. Der hat’s aber auch nicht leicht, schließlich ist er mit Imelda, der dorfbekannten Kartenlegerin (Eleonore Knapp), verheiratet, und bei der hat nur das Publikum was zu lachen, der Ehemann nicht.
Fast alle haben sich in den Haaren, und Gründe für Kabbeleien gibt es immer wieder: Schließlich spielt da ein geheimnisvoller Sündenfall der Männer vor 20 Jahren in Hamburg eine Rolle, und außerdem liefert die geplante Hochzeit zwischen der Tochter Rosels und Simons – Marita (Jasmin Haber) – und Florian (Erich Österlein), dem Sohn von Imelda und Eugen, immer wieder Stoff, um sich über die Hochzeitssuppe zu streiten. Was könnte auch wichtiger sein als die Entscheidung, ob Markklöschen-, Leberklöschen– oder Griesklöschensuppe auf den Tisch kommt?
Und noch etwas sorgt für Verwirrung: Weiberheld Hartmut muss sich gegen die Annäherungsversuche von Olaf Renner aus Düsseldorf (Pascal Thomas, in weiteren Aufführungen im Wechsel mit Oliver Reinfurt) wehren, der ganz eindeutig „vom annern Ufer“ ist – und nicht nur von Großwallstadt oder Obernburg, wie Wally vermutet.
Eine lustige und kurzweilige Geschichte, die am Ende nicht so ganz mit einem Happy End schließt, jedenfalls nicht für alle. Viel wichtiger aber ist die Art und Weise, wie die Akteure sie präsentieren. Für eine Laienbühne verblüffend: Keiner der elf Schauspieler fällt ab, das gesamte Ensemble hält ein hohes Niveu in Sprache, Gestik und Mimik. Wortwitz und Situationskomik sorgen immer wieder für herzhafte Lacher; beim Männerballett für den „Tupperwaren-Bezirkstag“ in Röllbach fliegen sogar Dessous auf die Bühne, und Eleonore Knapps Kartenlesen , mit dem sie herausfinden will, welche „Gähne“ ihre zukünftige Schwiegertochter haben mag, sorgt jedes Mal für brüllendes Gelächter, das nur noch übertroffen wird, wenn Pascal Thomas unnachahmlich in Gestik und Stimme Hartmut nachstellt. Dem bleibt nur die Flucht und sein verzweifeltes „Der reicht mich uff!“

Perfekt bis ins Detail

Acht Monate Probezeit, insgesamt 50 Probentermine haben sich gelohnt: Das beweisen nicht nur die tollen Leistungen aller Akteure, das zeigt auch die perfekte Regie, die bis in kleinste Details stimmt. Bühnenbild, Maske und Technik beweisen – hier hat sich eine Laienbühne in fast zwei Jahrzehnten ein fast professionelles Umfeld erarbeitet. Und wer sich traut, den Kritiker direkt neben dem Souffleurkasten zu platzieren, der muss sich seiner Sache schon ganz sicher sein und darauf vertrauen, dass Ludwina Weis drei Stunden lang nur als psychologischer Rückhalt benötigt wird. Heinz Linduschka